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Heinrich Heine Geschichte Religion Erstes Buch 13
28.04.2017, 09:55

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Doch laßt uns solchen melancholischen Betrachtungen nicht zu viel Raum geben, um so mehr da wir hier noch von dem providentiellen Manne zu reden haben, durch welchen so Großes für das deutsche Volk geschehen. ich habe oben gezeigt, wie wir durch ihn zur größten Denkfreiheit gelangt. Aber dieser Martin Luther gab uns nicht bloß die Freiheit der Bewegung, sondern auch das Mittel der Bewegung; dem Geist gab er nämlich einen Leib. Er gab dem Gedanken auch das Wort. Er schuf die deutsche Sprache.

Dieses geschah, indem er die Bibel übersetzte.

In der Tat, der göttliche Verfasser dieses Buchs scheint es ebenso gut wie wir andere gewußt zu haben, daß es gar nicht gleichgültig ist durch wen man übersetzt wird, und er wählte selber seinen Übersetzer, und verlieh ihm die wundersame Kraft, aus einer toten Sprache, die gleichsam schon begraben war, in eine andere Sprache zu übersetzen, die noch gar nicht lebte.

Man besaß zwar die Vulgata, die man verstand, so wie auch die Septuaginta, die man schon verstehen konnte. Aber die Kenntnis des Hebräischen war in der christlichen Welt ganz erloschen. Nur die Juden, die sich, hie und da, in einem Winkel dieser Welt verborgen hielten, bewahrten noch die Traditionen dieser Sprache. Wie ein Gespenst, das einen Schatz bewacht, der ihm einst im Leben anvertraut worden, so saß dieses gemordete Volk, dieses Volk-Gespenst, in seinen dunklen Ghettos und bewahrte dort die hebräische Bibel; und in diese verrufenen Schlupfwinkel sah man die deutschen Gelehrten heimlich hinabsteigen, um den Schatz zu heben, um die Kenntnis der hebräischen Sprache zu erwerben. Als die katholische Geistlichkeit merkte, daß ihr von dieser Seite Gefahr drohte, daß das Volk auf diesem Seitenweg zum wirklichen Wort Gottes gelangen und die römischen Fälschungen entdecken konnte: da hätte man gern auch die jüdische Tradition unterdrückt, und man ging damit um, alle hebräischen Bücher zu vernichten, und am Rhein begann die Bücherverfolgung, wogegen unser vortrefflicher Doktor Reuchlin so glorreich gekämpft hat. Die Kölner Theologen, die damals agierten, besonders Hoogstraeten, waren keineswegs so geistesbeschränkt, wie der tapfere Mitkämpfer Reuchlins, Ritter Ulrich von Hutten, sie in seinen "litteris obscurorum virorum" schildert. Es galt die Unterdrückung der hebräischen Sprache. Als Reuchlin siegte, konnte Luther sein Werk beginnen. In einem Briefe, den dieser damals an Reuchlin schrieb, scheint er schon zu fühlen, wie wichtig der Sieg war, den jener erfochten, und in einer abhängig schwierigen Stellung erfochten, während er, der Augustinermönch, ganz unabhängig stand; sehr naiv sagt er in diesem Briefe: ego nibil timeo, quia nihil habeo. Wie aber Luther zu der Sprache gelangt ist, worin er seine Bibel übersetzte, ist mir bis auf diese Stunde unbegreiflich. Der altschwäbische Dialekt war, mit der Ritterpoesie der hohenstaufenschen Kaiserzeit, gänzlich untergegangen. Der altsächsische Dialekt, das sogenannte Plattdeutsche, herrschte nur in einem Teile des nördlichen Deutschlands, und hat sich, trotz aller Versuche die man gemacht, nie zu literärischen Zwecken eignen wollen. Nahm Luther zu seiner Bibelübersetzung die Sprache, die man im heutigen Sachsen sprach, so hätte Adelung Recht gehabt zu behaupten, daß der sächsische, namentlich der meißnische Dialekt unser eigentliches Hochdeutsch d. h. unsere Schriftsprache sei. Aber dieses ist längst widerlegt worden, und ich muß dieses hier um so schärfer erwähnen, da solcher Irrtum in Frankreich noch immer gang und gebe ist. Das heutige Sächsische war nie ein Dialekt des deutschen Volks, ebenso wenig wie etwa das Schlesische; denn so wie dieses entstand es durch slawische Färbung. Ich bekenne daher offenherzig, ich weiß nicht wie die Sprache, die wir in der lutherschen Bibel finden, entstanden ist. Aber ich weiß, daß durch diese Bibel, wovon die junge Presse, die schwarze Kunst, Tausende von Exemplaren ins Volk schleuderte, die lutherische Sprache in wenigen Jahren über ganz Deutschland verbreitet und zur allgemeinen Schriftsprache erhoben wurde. Diese Schriftsprache herrscht noch immer in Deutschland, und gibt diesem politisch und religiös zerstückelten Lande eine literärische Einheit. Ein solches unschätzbares Verdienst mag uns bei dieser Sprache dafür entschädigen, daß sie, in ihrer heutigen Ausbildung, etwas von jener Innigkeit entbehrt, welche wir bei Sprachen, die sich aus einem einzigen Dialekt gebildet, zu finden pflegen. Die Sprache in Luthers Bibel entbehrt jedoch durchaus nicht einer solchen Innigkeit, und dieses alte Buch ist eine ewige Quelle der Verjüngung für unsere Sprache. Alle Ausdrücke und Wendungen, die in der lutherschen Bibel stehn, sind deutsch, der Schriftsteller darf sie immerhin noch gebrauchen; und da dieses Buch in den Händen der ärmsten Leute, so bedürfen diese keiner besonderen gelehrten Anleitung, um sich literarisch aussprechen zu können. Dieser Umstand wird, wenn bei uns die politische Revolution ausbricht, gar merkwürdige Erscheinungen zur Folge haben. Die Freiheit wird überall sprechen können und ihre Sprache wird biblisch sein.

Luthers Originalschriften haben ebenfalls dazu beigetragen die deutsche Sprache zu fixieren. Durch ihre polemische Leidenschaftlichkeit drangen sie tief in das Herz der Zeit. Ihr Ton ist nicht immer sauber. Aber man macht auch keine religiöse Revolution mit Orangenblüte. Zu dem groben Klotz gehörte manchmal ein grober Keil. In der Bibel ist Luthers Sprache, aus Ehrfurcht vor dem gegenwärtigen Geist Gottes, immer in eine gewisse Würde gebannt. In seinen Streitschriften hingegen überläßt er sich einer plebejischen Rohheit, die oft ebenso widerwärtig wie grandios ist. Seine Ausdrücke und Bilder gleichen dann jenen riesenhaften Steinfiguren, die wir in indischen oder ägyptischen Tempelgrotten finden, und deren grelles Kolorit und abenteuerliche Häßlichkeit uns zugleich abstößt und anzieht. Durch diesen barocken Felsenstil erscheint uns der kühne Mönch manchmal wie ein religiöser Danton, ein Prediger des Berges, der, von der Höhe desselben, die bunten Wortblöcke hinabschmettert auf die Häupter seiner Gegner.

Merkwürdiger und bedeutender als diese prosaischen Schriften sind Luthers Gedichte, die Lieder, die, in Kampf und Not, aus seinem Gemüte entsprossen. Sie gleichen manchmal einer Blume, die auf einem Felsen wächst, manchmal einem Mondstrahl, der über ein bewegtes Meer hinzittert. Luther liebte die Musik, er hat sogar einen Traktat über diese Kunst geschrieben, und seine Lieder sind daher außerordentlich melodisch. Auch in dieser Hinsicht gebührt ihm der Name: Schwan von Eisleben. Aber er war nichts weniger als ein milder Schwan in manchen Gesängen, wo er den Mut der Seinigen anfeuert und sich selber zur wildesten Kampflust begeistert. Ein Schlachtlied war jener trotzige Gesang, womit er und seine Begleiter in Worms einzogen. Der alte Dom zitterte bei diesen neuen Klängen, und die Raben erschraken in ihren obskuren Turmnestern. Jenes Lied, die Marseiller Hymne der Reformation, hat bis auf unsere Tage seine begeisternde Kraft bewahrt, und vielleicht zu ähnlichen Kämpfen gebrauchen wir nächstens die alten, geharnischten Worte:

Eine feste Burg ist unser Gott, Ein' gute Wehr und Waffen, Er hilft uns frei aus aller Not, Die uns jetzt hat betroffen. Der alte böse Feind Mit Ernst er's jetzt meint, Groß Macht und viel List Sein grausam Rüstung ist, Auf Erd ist nicht seins Gleichen. Mit unsrer Macht ist nichts getan, Wir sind gar bald verloren, Es streitt für uns der rechte Mann, Den Gott selbst hat erkoren. Fragst du wer es ist? Er heißt Jesus Christ, Der Herr Zebaoth, Und ist kein andrer Gott, Das Feld muß er behalten. Und wenn die Welt voll Teufel wär Und wollten uns verschlingen, So fürchten wir uns nicht so sehr Es soll uns doch gelingen, Der Fürst dieser Welt, Wie sauer er sich stellt, Tut er uns doch nicht, Das macht er ist gericht', Ein Wörtlein kann ihn fällen. Das Wort sie sollen lassen stahn, Und keinen Dank dazu haben, Es ist bei uns wohl auf dem Plan Mit seinem Geist und Gaben. Nehmen sie uns den Leib Gut, Ehr, Kind und Weib, Laß fahren dahin, Sie habens kein Gewinn, Das Reich muß uns doch bleiben. << Die Idee der Freiheit in Deutschland | Liste Nach Autoren | Die Geburt der deutschen Literatur >>

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Thesen zur Germanischen Frau (von Hans Schuhmacher)
Die unbekannte Tradition: Slawisches Heidentum(von Anna Kühne)

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