3. März 2003 - Pressemitteilung "Kreuzzug Nein Danke!"
Zum drohenden Krieg der USA gegen den Irak (Autor: Martin Marheinecke)
Im Zuge der Kriegvorbereitungen gegen den Irak gelang der Regierung des US-Präsidenten George W. Bush eine traurige historische Premiere: Noch nie sind in einer demokratischen Regierung nationale Machtinteressen und christlich-fundamentalistischer Missionsdrang eine so innige Verbindung eingegangen. Dabei bilden sie ein irritierendes Spiegelbild zur Ideologie islamischer Fanatiker, die sich im "heiligen Krieg" gegen den Westen und vor allem die USA wähnen. Das von der US-Regierung vorgestellte Modell einer zwangsweisen Demokratisierung zunächst des Iraks, später dann der gesamten Golfregion birgt ein nicht abzusehendes Konfliktpotential, da die US-Regierung offensichtlich von der alleinigen Gültigkeit ihres Demokratiemodells, ihres Wirtschaftssystems und ihres christlich-fundamentalistischen Wertesystems überzeugt ist. Selbst bei pro-westlichen, demokratisch gesonnen Politikern der islamischen Welt stößt so eine "Zwangsbeglückung" auf erbitterten Widerstand. Selbst wenn dieser ehrgeizige Plan gelingt drohen anti-westliche Bürgerkriege und verstärkter Terrorismus. Ein Scheitern der Umgestaltung nach einem militärischen Sieg über den Irak könnte sogar zu einem religiös verbrämten Weltkrieg führen. Wir verurteilen aufs Schärfste die skrupellose, menschenverachtende und hinterlistige Politik des irakischen Diktators Saddam Hussein. Wir wünschen dem seit langem leidenden irakischen Volk eine demokratische Regierung und eine funktionierende sozial gerechte Wirtschaft. Wir wissen, dass es in der arabischen Welt leider keine einzige intakte Demokratie gibt. Wir sind gegen theokratische Regime - egal, ob sie sich islamisch, christlich oder sonstwie nennen. Aber wir lehnen einen gewaltsamen "Kreuzzug für Demokratie" ab. Die notwendigen Veränderungen müssen von innen kommen. Wie seinerzeit in Osteuropa. Helfen - ja, bevormunden - nein.
Von Seiten der Befürworter eines Kriegs gegen den Irak wird immer wieder das Beispiel der gelungenen Demokratisierung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg genannt. Diese Demokratisierung gelang auch deshalb, weil die Westalliierten ein großes Maß an Einfühlungsvermögen und Toleranz gegenüber den Besiegten zeigen und so für die Vorzüge einer freiheitlichen Demokratie warben. Eine "Reeducation nach Kreuzritterart" wäre auch in Deutschland gescheitert. Zumal wenn sie von einer bigotten und selbstgerechten Ideologie aus dem tiefsten Bibel-Gürtel geprägt gewesen wäre.
Die USA sind traditionell eine sehr offene, dem Einzelnen viel Freiheit lassende Gesellschaft. Ihre ausgeprägte religiöse Toleranz ist nach wie vor selbst für demokratische Staaten beispielhaft. Eine enge Verquickung zwischen Macht und Religion, wie sie die Bush-Regierung vertritt, ist Verrat an diesen traditionellen amerikanischen Werten.