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Anmerkungen zum Thema Islam
von Hans Schumacher, im Namen und Auftrag des Rabenclan - Arbeitskreis für Heiden in Deutschland e.V.
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8. Exkurs 4: Vom Unsinn der Unterscheidung zwischen "Gemäßigten" und "Fundamentalisten"
Hier wollen wir noch kurz die oben angeführten zwei Begriffe diskutieren, die häufig in der Öffentlichkeit zu hören sind, vor allem letzterer. Zuerst aber zur Klarstellung das Folgende: der Islamismus ist eine Denkrichtung innerhalb des Islam, der auf der historisch richtigen Darstellung des Islam in der Weltgeschichte besteht. Gleichsetzung von "Islamismus" und "Fundamentalismus" oder gar der Bezug Islamismus-Terrorismus sind völliger Unfug.
Ein Fundamentalist im Wortsinne ist jemand, der orientiert ist an der Grundlage (lat.: fundamentum) der Lehre, Religion, Philosophie etc, der er anhängt. Der moderne Sprachgebrauch indessen versteht unter einem Fundamentalisten einen engstirnigen Dogmatiker, in der Regel mit Tendenzen zum Fanatismus. Der Fanatiker (lat.. fanaticus) ist ein Rasender, wobei lat.: fanum, Heiligtum, eine ursprüngliche Herkunft des Begriffs aus dem Phänomen der religiösen Raserei, also der Exstase, nahelegt. "Islamischer Fundamentalismus" wäre also im Wortsinne strenger Bezug auf die Kerninhalte des Islam, die wir ja kennengelernt haben. Das ist aber nicht das, was der allgemeine Sprachgebrauch unter einem "islamischen Fundamentalisten" versteht. Allerdings herrscht in der Öffentlichkeit weitestgehende Unwissenheit bezüglich des Islam vor, so dass es durchaus sein kann, dass man tatsächlich meint, angesichts traditionell gewandeter Moslems mit Kopfbinden oder Turbanen und Bärten (Bart-Turban-Schuld) sowie verschleierter Frauen "islamische Fundamentalisten" vor sich zu haben. Was diese eigentlich sagen und denken, will ohnehin, so scheint es, niemand wissen: man meint es schon zu wissen. Nimmt man "islamisch-fundamentalistischer Terrorist" wörtlich, so impliziert es einen Zusammenhang zwischen Kerninhalten des Islam und Terrorismus, versteht man es im allgemeinen Sprachgebrauch, so impliziert es einen Zusammenhang zwischen Habitus und Terrorismus. Beide existieren in der Realität nicht.
Ein "Gemäßigter" hingegen ist jemand, der Inhalte abgemildert vertritt - was impliziert, dass die Inhalte der Abmilderung bedürfen.
Das Gegensatzpaar "Gemäßigter" - "Fundamentalist" impliziert in raffinierter Weise, der Islam habe gefährliche Kerninhalte. Der Gemäßigte mäßigt sie, vertritt also keinen "richtigen" Islam, wogegen der "Fundamentalist" den "richtigen" Islam vertritt, und zwar intolerant, dogmatisch und mit Hang zum Fanatismus. Der Fundamentalist ist also quasi ein Über-Moslem.
Betrachten wir uns die Sache der Verdeutlichung halber am Beispiel des Christentums. Kein Mensch hat je von "gemäßigten Christen" gehört. Das ist interessant. "Christliche Fundamentalisten" hingegen gibt es, diese beziehen sich aber keineswegs auf die Bergpredigt, sondern ergänzen im Grunde die "islamischen Fundamentalisten": strenge Kleiderordnung, strenge Sitten, strenge Befolgung aller möglicher biblischer Gesetze - dies und/oder extreme Intoleranz und Militanz gegenüber Andersgläubigen. Im wirklichen Wortsinne sind diese "Fundamentalisten" aber keine solchen: Penible Befolgung äußerlicher Regeln, Intoleranz und Militanz gegenüber Andersgläubigen war genau das, wogegen Jesus vorging, nicht, was er vertrat. Gerade seine Auseinandersetzungen mit den Paruschim (die fälschlich als Heuchler interpretierten "Pharisäer") zeigen deutlich seine radikale Abwendung von jeglichem Ritual, was zusammen mit seiner Verkündigung des Gottesreiches den Millenialismus seiner Lehre deutlich macht. Den Paruschim hingegen war das Gesetz alles: der Konflikt war ein totaler Antagonismus.
Betrachten wir nun sowohl Jesus als auch die Paruschim in Hinblick auf die jüdische Religion, wer war fundamentalistisch? Jesus, der Erneuerer oder die Paruschim, die Hüter? Wir sehen, der Begriff des Fundamentalismus schafft nichts als Schwierigkeiten, es ist nicht einmal klar, was er überhaupt besagt, geschweige denn, dass klar wäre, auf wen er warum anzuwenden ist.
Mit dem "Gemäßigten" verhält es sich genauso insofern, als es ein Unsinnsbegriff ist. Entweder man ist ein Rassist oder nicht, "gemäßigten Rassismus" gibt es nicht. Es gibt auch kein "gemäßigtes Christentum" - sehr wohl gibt es aber Differenzen unter den Christen, es gibt unterschiedliche Richtungen, wie es sie unter den Juden und den Muslimen auch gibt.
Man frage also wenn möglich immer nach, wenn von "Gemäßigten" oder gar "Fundamentalisten" die Rede ist: die Einzelbegriffe bilden ein Gegensatzpaar, das, wie wir oben gesehen haben, keinen kennzeichnenden oder analytischen Wert hat. Im Gegenteil, sowohl einzeln als auch als Paar vernebeln diese Begriffe die Realität, anstatt konkret etwas auszusagen.
Zumal wir nachgewiesen haben, dass ein "fundamentalistischer Islam" im echten Wortsinne das genaue Gegenteil dessen ist, wie er im Sprachgebrauch verstanden wird. Man könnte sogar sagen: real wäre, je fundamentalistischer um so "gemäßigter".
Denn ein weiteres Problem taucht bei dieser Art der Argumentation auf: Wenn den sogenannten "gemäßigten Moslems" diese "Mäßigung" attestiert wird, meist ja sogar in guter Absicht, spricht man ihnen sogar damit ab ein "echter Moslem" zu sein - und damit stellt sich die Frage, ob man diese "Gemäßigten" nicht sogar in das Lager des Fanatismus treibt.
Ein ähnliches Phänomen, hervorgerufen vor allem durch Fehlkategorisierung solcher Art, begegnete uns ja schon in der Neuheidenszene(1), wo dem rechten Lager ebenso "Gemäßigte" zugespielt werden, da diese aus verschiedenen Gründen keine andere Möglichkeit fanden, als dort Schutz zu suchen, wohin sie von außen determiniert wurden. Freilich zeigt sich hier an Hand der Masse (ein drittel der Weltbevölkerung) die Gefährlichkeit solcher Mechanismen in aller Deutlichkeit, und somit die Notwendigkeit, dagegen vor zu gehen.
Hans Schuhmacher
[1] In verschiedensten früheren Artikeln des Ariosophieprojektes
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