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Hans Schuhmacher Dasheilige Fest 1
28.04.2017, 09:55

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Fritz Steinbock: Das heilige Fest

1.Einleitung

"Das heilige Fest" von Fritz Steinbock ist gewissermaßen, wie Berna Kühne-Spicer in ihrem Beitrag "Der Odinic Rite Deutschland" feststellte, das "Buch zum ORD". Dies geht deutlich aus dem Buch selbst hervor: Es ist in drei Hauptteile unterteilt, deren dritter unter dem Titel "Gemeinschaft" den ORD behandelt. In der Einführung heißt es: "Jede Darstellung germanischer Rituale von heute kann sich daher nur auf die Praxis einer bestimmten Gemeinschaft berufen und muss dies auch klar deklarieren. Die vorliegende zeigt die Praxis des Odinic Rite Deutschland e.V. (ORD), einer Gemeinschaft mit der programmatischen Selbstbezeichnung »traditionelles germanisches Heidentum in heutiger Zeit«, die dem Autor zu ihrem Ewart, dem Hauptverantwortlichen für das Ritualwesen, gewählt hat." (1)

Daher ist dieser Beitrag keine Rezension im engeren Sinne. Wenn der "Ewart" des ORD darlegt, was "'traditionelles germanisches Heidentum in heutiger Zeit''" angeblich ist, trägt er keine Privatmeinung vor. Was uns vorliegt, sind die Darlegungen eines ORD-Funktionärs, der sich über die rituelle Praxis des ORD und - für uns wesentlich interessanter - über die dieser Praxis zugrundeliegenden Standpunkte, Thesen und Inhalte äußert. Diesem Kontext muss bei einer Buchbesprechung seitens des Ariosophie-Projekts Rechnung getragen werden. Berna Kühne-Spicer hat dargelegt, dass der ORD alles andere als eine unproblematische Organisation ist. Diese Buchbesprechung wird sich hauptsächlich mit Äußerungen und Darlegungen Steinbocks befassen, die für das Verhältnis des ORD zum Rechtextremismus relevant sind, und kurz auf Zweck und Funktion des Buches selbst eingehen.

Ich werde allerdings auf zwei Rezensionen und eine Kurzbesprechung des Buches zu sprechen kommen. Eine Rezension stammt von Kurt Oertel, Vorstandsmitglied des Eldaring e.V. Die andere erschien in dem einschlägig bekannten Magazin "Junge Freiheit". Die Kurzbesprechung wiederum stammt vom herausgebenden Daniel Junker Verlag und ist im Internet bereits weit verbreitet.

Nur am Rande befasse ich mich hier mit Aspekten, die lediglich für und in bezug auf die Heidenszene interessant sind. Es ist zwar unterhaltsam, sich zu fragen, warum der Eldaring e.V. so harmonisch mit dem ORD kooperiert, wenn letzterer doch "traditionelles germanisches Heidentum in heutiger Zeit" für sich reklamiert und daher für den Eldaring das Kriterium postuliert, dieser sei je traditioneller, je mehr er dem ORD gleicht, und je weniger traditionell, je mehr er sich vom ORD unterscheidet. Es ist auch nicht ohne Reiz, dass die Strategie des ORD gegen den "Allsherjargoden" Nemenyi und dessen Anspruch auf das "traditionelle Heidentum" darin besteht, das Etikett "traditionell" einfach für sich selbst zu reklamieren und politisch-weltanschauliche Bedenken gegen diesen ins Feld zu führen: "Im germanischen Bereich dominierten immer noch die Erben "neugermanischer", zu einem großen Teil völkischer Gruppen der Vorkriegszeit wie der Armanen-Orden ... oder die wiedergegründete "Germanische Glaubensgemeinschaft" (GGG), in denen Menschen, die das traditionelle (! Der Verf.), unverfälschte Heidentum unserer Vorfahren ausüben wollten, ebenfalls keine Heimat fanden." (2)

Es ist allerdings erstaunlich, wie es jemand fertig bringt, im selben Satz solcherart Nemenyi weltanschaulich in ein trübes Licht zu rücken und gleichzeitig die heidnischen Germanen als "unsere Vorfahren" zu bezeichnen. Wessen Vorfahren sollen die heidnischen Germanen denn sein? Die der Mitglieder des ORD? Die der Deutschen? Wer diese Thematik vertiefen möchte, dem sei das Buch des amerikanischen Historikers Patrick J. Geary "Europäische Völker im frühen Mittelalter - zur Legende vom Werden der Nationen" empfohlen. Geary verweist in erster Linie auf die Absurdität, frühmittelalterliche oder gar antike Gesellschaften als die linearen Vorläufer der modernen Nationen zu sehen oder auszugeben. Auch für ihn sind Völker und somit "unsere germanischen Vorfahren" selbstverständlich Erfindungen.

2.Vergleichende Betrachtungen: Steinbocks "Das heilige Fest" und Ulbrich/Gerwin: "Die geweihten Nächte"

Es wird sich im Verlauf der vorliegenden Arbeit zeigen, dass diese anscheinend harmlosen Szene-Rangeleien einen durchaus ernsten und wichtigen Hintergrund haben, weil sie Teil einer Gesamtstrategie neugermanischer Gruppierungen sind, die sich einerseits von rechtsextremen und völkischem Gedankengut offiziell distanzieren, andererseits aber vollkommen unkritisch, sei es nun bewußt oder unbewußt, auf ebendieses Gedankengut immer wieder zurückgreifen.

Vielleicht hat Steinbock den oben zitierten erstaunlichen Satz gar nicht selbst geschrieben. Immerhin bedankt er sich bei "Stilkam", dem völkischen Autor und ORD-Mitglied Volker Wagner, für "einige Textbeiträge". (3) Berna Kühne-Spicer hat "Stilkam" bereits in ihrer umfangreichen Arbeit zum Odinic Rite Deutschland Aufmerksamkeit in einem eigenen Kapitel geschenkt.

Dass dieser Satz aber nicht etwa eine verunglückte Formulierung ist, zeigen andere Passagen in aller Deutlichkeit: "Alle Menschen, die Ehrfurcht vor der Natur haben und in ihr das Göttliche finden, wissen auch, dass sie von ihrem Land und ihren Göttern abstammen und mit ihnen verwandtschaftlich verbunden sind." (4)

Diesen Zusammenhang zwischen Menschen, "ihrem Land", zu dem sie natürlicherweise gehören, und der dazugehörigen Religiosität habe ich eingehend in "Völkische Ideologie" besprochen. Ulbrich, Leiter des Arun-Verlages und Co-Autor der dort besprochenen Zitate, sprach in ähnlichen Zusammenhängen beispielsweise von "natürlicher Religion".

Zum Vergleich, aus: Die Geweihten Nächte, Ulbrich und Gerwin: "Heidnische Natur-Religionen dagegen, wie z.B. die der Indianer, der Afrikaner aber auch der Alten Europäer werden gelebt und getragen ausschließlich von den Völkern in ihren angestammten Gebieten und stehen daher auch diesen nur zur Verfügung. Natürliche Religion kann man nicht auswählen wie ein Parteibuch, sie ist bereits mit der Geburt stark vorherbestimmt - dies ist eben nur nicht jedem bewußt. Der Mensch ist nicht so frei, wie es den Anschein haben kann. Es ist äußerst fragwürdig, natürliche Vorgaben ohne Not aufheben zu wollen - niemand kann sich ungestraft der schrankenlosen Beliebigkeit hingeben." (vgl. dazu auch: Völkisches Gedankengut - geschickt verpackt in besinnlicher Weihnachtsliteratur)

Es ist hier nicht der Ort, die gesamte Argumentation zu wiederholen, die ich in "Völkische Ideologie" gegenüber Ulbrich und Gerwin vorgetragen habe, zumal sich auch ohne diese aus Steinbocks wie Ulbrich/Gerwins Postulaten folgendes leicht herausarbeiten lässt: Menschen gehören "natürlicherweise" zu ihrem Land und also auch dorthin. Leben sie anderswo, ist das unnatürlich. Menschen sollten demzufolge die ihnen "natürliche Religion" ausüben. Steinbock präsentiert dann den Kult des ORD als diese "natürliche Religion", auch wenn er nicht exakt dieselben Begriffe verwendet.

Dies ist keine Überinterpretation. Steinbock stellt als objektive Tatsache dar, dass Menschen "von ihrem Land und ihren Göttern abstammen und mit ihnen verwandtschaftlich verbunden sind" - denn ansonsten könnte man es nicht wissen. Ist diese objektive Tatsache aber einmal klar, dann geht aus dieser zwingend hervor, wer wohin gehört. "Ausländer" gehören beispielsweise, und zwar par definitionem, "raus". Da "natürliche" Verhältnisse zweifelsohne besser sind als "unnatürliche", ist jeder Akt, der dazu dient, natürliche Verhältnisse herbeizuführen, ein guter Akt für alle Beteiligten.

Ulbrich und Gerwin wiesen darauf hin, das von ihnen Ausgeführte sei eben nur nicht jedem "bewusst", was gleichfalls auf objektive Tatsachen hindeutet, die eben nur nicht jeder kennt. Die Argumentationen der jeweiligen Autoren gleichen sich stellenweise sehr deutlich.

Weiter zu:
Das heilige Fest - Der Kontext: Das "neue" neugermanische Heidentum


Fußnoten:
(1)Steinbock, Fritz: Das heilige Fest. Rituale des traditionellen germanischen Heidentums in heutiger Zeit, Hamburg 2004 (Verlag Daniel Junker), S. 13
(2) Steinbock, Das heilige Fest, S. 213
(3)Steinbock, Das Heilige Fest, S. 14f.
(4)ebd., S. 27

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