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Martin Marheinecke Abendblatt
28.04.2017, 09:55

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Leserbrief zum Artikel "Fauler Zauber im Museum?" im "Hamburger Abendblatt"

Am 11. Februar 2002 erschien im "Hamburger Abendblatt" http://www.abendblatt.de ein längerer Artikel mit dem Titel "Fauler Zauber im Museum" über die bereits seit mehreren Monaten laufende Ausstellung "Hexenwelten" im Hamburger Völkerkundemuseum .

Zum Hintergrund: Schon seit Jahren wird dem Hamburger Völkerkundemuseum - und vor allem dem museumseigenen "Archiv zur Erforschung des neuzeitlichen Hexenglaubens" - immer wieder der Vorwurf gemacht, es sei dem Okkultismus und der zeitgenössischen Esoterik gegenüber zu unkritisch. Mit der großen "Hexenwelten"-Austellung erhielten die Vorwürfe neue Nahrung.

Diese Vorwürfe werden unter anderem auch von der "Arbeitsgruppe Scientology" des Hamburger Senats erhoben, die sich seit einiger Zeit auch um die gesellschaftlichen Gefahren durch Okkultismus und Satanismus kümmert. Vor einiger Zeit veröffentlichte die Arbeitsgruppe eine Broschüre zu diesem Thema. Die Broschüre ist kostenlos erhältlich: Behörde für Inneres, AGS, Eiffestraße 644b, 20532 Hamburg, Tel: (+40) 42839-2678 oder als pfd-Datei zum Downloaden auf der Website der Arbeitsgruppe Scientology

http://www.arbeitsgruppe-scientology.de (oder hier: http://www.hamburg.de/fhh/behoerden/behoerde_fuer_inneres/arbeitsgruppe_scientology/).

Die Broschüre ist einerseits sachlich und wissenschaftlich fundiert, anderseits, da sie vor Gefahren warnen soll, bewusst parteiisch. Leider enthält sie einige kleine Fehler, die im Zusammenhang mit der Warnfunktion zu üblen Missverständnissen führen können. (So ist der laut Broschüre satanistische Jahresfestzyklus der unter keltisch oder germanisch orientierten Heiden übliche. Da auch der "Rabenclan" diese Jahresfeste feiert, wäre er also laut dieser missverständlichen Darstellung "satanismusverdächtig".)

Nach eigenen Angaben vertritt das Museum einen neutralen Standpunkt: die Ethnologie ("Völkerkunde") kann die Frage, ob Magie wirkt, nicht beantworten, muss also die Frage: "Gibt es Hexen?" ehrlicherweise offen lassen. Andererseits sind Hexerei, Okkultismus und Magie weltweit auftretende Phänomene, die deshalb ernst genommen werden müssen. Dabei wird ein modernes Völkerkundemuseum z. B. westafrikanische Voodoorituale oder die Arbeit eines sibirischen Schamanen grundsätzlich nicht anders darstellen, als z. B. das Ritual einer deutschen Wicca-Hexe, also möglichst vorurteilsfrei und ohne Wertungen wie "Aberglauben" oder "Satanskult".

Die "Arbeitsgruppe Scientology" sieht das anders: Es sei auch Aufgabe der Museumspädagogik, aufzuklären und Gefahren durch "Sekten" und okkulte Praktiken abzuwenden. Sie bemängelt vor allem, dass das Museum im Rahmen seiner Veranstaltungen auch "modernen Hexen" erlaubt, sich in Vorträgen und öffentlichen Ritualen selbst darzustellen, ohne dass die Museumsleitung diese Selbstdarstellung kritisch-hinterfragend kommentiert. Dieser Vorwurf erhält dadurch Nahrung, dass im Rahmenprogramm der "Hexenwelten"-Ausstellung einige fragwürdige "kommerz-esoterisch"-orientierte Veranstaltungen stattfanden. Dass dort, in städtisch subventioniertem Raum, schamanistische Rituale und Tarot-Abende statt finden, findet die Leiter der Arbeitsgruppe, Ursula Caberta, schlichtweg "empörend". Einige Museumsmitarbeiter teilen die Kritik der Arbeitsgruppe.

Thorsten Pück, Pressesprecher des Museums, wunderte sich gegenüber der "tageszeitung" http://www.taz.de/ über die verspätete Kritik, lief das Programm doch bereits seit Mai 2001. "Uns ist bewusst, dass sich das Thema Hexerei wissenschaftlich kaum objektiv behandeln lässt", sagt Pück. Die Leiter Innen? der Workshops seien jedoch sorgfältig ausgewählte Fachleuten, die die Mystik von Ritualen und keine individuelle Wahrsagerei vermitteln sollten. Zusätzlich biete das Museum eine Sprechstunde an. "Wenn jemand glaubt, er ist verhext, dann verweisen wir an eine Beratungsstelle oder einen Psychologen", sagt Pück.

Der Verfasser des Artikels "Fauler Zauber im Museum" im "Hamburger Abendblatt", Per Hinrichs, greift diese Kritik auf, wobei er sich auch auf die erwähnte Broschüre stützt - die er offensichtlich nur flüchtig gelesen hat.

Da das "Abendblatt" eine viel gelesene seriöse Regionalzeitung ist (auch ich bin Abonnent), wollte ich den arg problematischen Artikel nicht einfach ignorieren und schrieb im Namen des "Rabenclan" folgenden Leserbrief:


Hamburger Abendblatt
z. Hd. Per Hinrichs
Brieffach 2110
20350 Hamburg

Artikel: "Fauler Zauber im Museum?" von Per Hinrichs vom 11. Februar 2002

Sehr geehrter Herr Hinrichs,

grundsätzlich ist es lobenswert, auf mögliche Missstände in einem renommierten staatlichen Museum wie dem Völkerkunde-Museum Hamburg aufmerksam zu machen. In der Tat mag es befremdlich sein, wenn im Rahmenprogramm der Ausstellung "Hexenwelten" Kurse abgehalten werden, die aus dem Programm einer Esoterik-Messe stammen könnten.

Eindeutig unrichtig und diskriminierend ist leider Ihre Behauptung: "Wicca ist ein keltischer Brauch und zählt laut Behörden-Studie zum Neo-Satanismus".

Der Wicca-Kult greift zwar einige keltische Traditionen auf, ist jedoch eine in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in Großbritannien entstandene Neu-Religion. Diese "Hexenreligion" ist heute u. A. in den USA und auch in Deutschland weit verbreitet. Die Wicca verehren eine weibliche und eine männliche Hauptgottheit, die "Große Göttin" und ihren "Gehörnten Gefährten". Letzterer ähnelt zwar äußerlich dem Klischeebild des christlichen Teufels, entspricht jedoch den horntragenden Naturgottheiten wie Pan bei den alten Griechen, Esus bzw. Cernunnos bei den Kelten, Freyr bei den Germanen.

"Satan" ist eine Figur aus der christlichen Mythologie und ohne das dem Christentum (wie dem Islam, teilweise auch dem Judentum)zu Grunde liegenden dualistische Weltbild nicht zu verstehen. Der "klassische" Satanismus ist mit seinen dem katholischen Ritus nachempfundenen "schwarzen Messen" und seinen "typischen" Symbolen wie umgekehrtem Pentagramm, kopfstehendem Kreuz, schwarzen statt weißen Kerzen, gewalttätigen Sexualpraktiken statt Keuschheit usw. eine Perversion christlichen Gedankenguts unter umgekehrten Vorzeichen. Obwohl es bei den Wicca durchaus Praxis ist, in Ritualen Gottheiten aus verschiedenen (ausschließlich naturreligiösen!) Kulten anzurufen, so ist die Verehrung einer mythischen Figur aus einer Offenbarungsreligion wie dem Christentum im Wicca ganz und gar unüblich. Anders ausgedrückt: Wicca glauben nicht einmal an den Satan, von einer Verehrung ganz zu schweigen.

Wicca kann auch nicht zum "Neo-Satanismus" gerechnet werden, den eine extreme "Selbstvergottung" des Menschen mit einem rücksichtslosen Ausleben des Ichs auszeichnet. Tatsächlich gehören Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Mitmenschen und den Mitgeschöpfen sowie strickte moralische Regeln zu den Grundprinzipien der Wicca-Religion. Die von ihnen zitierte - richtige! - Aussage, Esoterik und Okkultismus fehle die "wesendliche Qualität aller Religionen, nämlich moralische und solidarische Gemeinschaften zu konstituieren" trifft also auf Wicca nicht zu.

In der in von Ihnen genannten Studie "Okkultismus und Satanismus" von Christiansen und Zinser ist nirgendwo davon die Rede, dass Wicca zum Neo-Satanismus gehören würde. Es heißt auf Seite 53 vielmehr: "Die unterschiedlichsten Traditionen von altägyptischen Mythologien über Kelten- und Wiccakulten, gnostischen Vorstellungen bis hin zu westafrikanischen und haitianischen Voodoo-Praktiken oder Kabbalistische Zahlenmagie werden im Satanismus der Moderne ("Neo-Satanismus") gemischt und in neu ausgebildeten Systemen praktiziert." Wicca und andere Kulte dienen den Neo-Satanisten sozusagen als geistiger Steinbruch, so wie der klassische Satanismus sich bei der kirchlichen Liturgie bedient. Nur ist diese Liturgie ebenso wenig satanistisch, wie die keltische Mythologie, die Kabbala, die Riten der Freimaurer - oder eben Wicca!

Ich halte diesen Schlusssatz - und einige andere problematischen Aussagen in Ihrem Text, auf die ich hier nicht eingehen möchte - nicht für böse Absicht, sondern vielmehr für ein Zeichen für nachlässigen Umgang mit Ihren Quellen. Zugegeben, sorgfältige Recherche und gründliches Quellenstudium fallen im hektischen Redaktionsbetrieb einer Tageszeitung nicht immer leicht, aber in diesem Falle leidet unter Ihrer Nachlässigkeit der Ruf Unschuldiger. Sie diffamieren - wie ich hoffe, unbeabsichtigt - rechtschaffenen Menschen, die Wicca betreiben (und damit vor allem den Naturkreislauf und die Jahreszeiten feiern) als Satanisten - und damit im schlimmsten Sinne, im Sinne des landläufigen Klischees, als Tierquäler, potentielle Mörder und Psychopathen, im besten Falle noch als Anhänger eines pervertierten Christentums oder einer rücksichtslosen "Ellenbogen-Religion".

Mit freundlichem Gruß

Martin Marheinecke

Mitglied des Rabenclan - Arbeitskreis der Heiden in Deutschland e. V.

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