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Sedna oder die Liebe zum Leben
Leben lieben und was das wirklich heißt
Hans Peter Duerr, das enfant terrible der deutschen Ethnologie, ist der Favorit unter meinen Lieblingsautoren. Mit "Sedna oder die Liebe zum Leben" hat er mich trotz aller Erwartungen meinerseits wieder mal gekonnt in Ekstase versetzt. Ein Kommentarteil, der gut und gern die Hälfte des Buches einnimmt, gehört bei Duerr ja zum guten Ton. Gewürzt mit seiner gewohnten spitzen Feder gegenüber seinen Wissenschaftskollegen und den Granden der Esoterikwelle sind Duerrs Seitenhiebe - äh, Kommentare, schon ein großes Vergnügen. Die fast obligatorische Abrechnung mit Castaneda findet sich diesmal in einer knapp drei-seitigen Fußnote im vorletzten Kapitel.
Das sagt bisher alles noch nichts über Sedna aus. In diesem Buch schlägt Duerr den Bogen von altsteinzeitlichen Mammutjägern über bronzezeitliche Ackerbaukulturen bis hin zu griechischen Mysterien. Hier arbeitet er heraus, wie Kulturen gestaltet sind, die das Leben lieben. Im Gegensatz dazu stehen die jenseits- und weltfluchtorientierten Weltbilder, deren Nachfolge-Ideologien die letzten paar tausend Jahre die Menschheit geprägt hat. Was vielleicht trocken und theoretisch anmuten mag, ist tatsächlich spritzig und spannend erzählt. Mein persönliches Highlight ist Duerrs Umsetzung eines das Leben liebenden Weltbildes in der Kapitelfolge des Buches. So ist der Höhepunkt des Buches nicht am Ende, sondern im 18. von 22 Kapitel - und wie das 22. abschließt sei hier nicht verraten, aber damit macht er das Ganze rund.
Absolut unglaublich. Nicht nur eine Fülle an kritisch hinterfragten Fakten zu Archäologie, Ethnologie und immer noch wogender Esoterik, sondern auch ein mitreissender Appell direkt im Jetzt und Hier das Leben zu genießen.
Margit
Hans Peter Duerr: "Sedna oder die Liebe zum Leben", Suhrkamp, 1984
Hans Peter Duerr, geboren 1943 in Mannheim, war bis 1999 Professor für Ethnologie und Kulturgeschichte in Bremen und lebt seither wieder in Heidelberg.
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